BGH-Entscheidung zu baulichen Veränderungen in WEG

Ich möchte Ihnen heute eine interessante Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu baulichen Veränderungen bei einer WEG vorstellen. Die Entscheidung erging am 19. Juli 2024 (Versäumnisurteil) und hat das Aktenzeichen V ZR 226/23.

Die Leitsätze lauten:

a) Die Wohnungseigentümer können seit dem 1. Dezember 2020 eine bauliche Veränderung auch dann beschließen, wenn die Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum dauerhaft nur dem bauwilligen Wohnungseigentümer zustehen soll (Fortführung von Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 – V ZR 244/22NJW 2024, 1030 Rn. 14).

b) Die Beschlusskompetenz für die Gestattung einer baulichen Veränderung besteht auch dann, wenn die Beschlussfassung dazu führt, dass die in einer Vereinbarung vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums faktisch nicht mehr möglich ist.

c) Den Wohnungseigentümern fehlt die Kompetenz, durch Beschluss Kompensationszahlungen festzulegen, die die Wohnungseigentümer, denen eine bauliche Veränderung gestattet wird, an die übrigen Wohnungseigentümer leisten sollen.

Damit bestätigt der BGH, dass der (seit Dezember 2020 unter erleichterten Voraussetzungen mögliche) Beschluss über bauliche Veränderungen auch zu einem „faktischen Sondernutzungsrecht“ führen kann. Das ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen, da ansonsten viele gewünschte bauliche Veränderungen wirtschaftlich sinnlos wären. Leitsatz c) kann natürlich dazu führen, dass manche Gemeinschaften bei der Gestattung baulicher Veränderungen Zurückhaltung üben werden; und der (nachvollziehbare) Wunsch, die Schaffung des faktischen Sondernutzungsrechts durch Zahlung zu kompensieren, führte hier mangels Beschlusszuständigkeit zur Gesamtnichtigkeit des Beschlusses. In der Praxis wird man ggf. über andere Wege nachdenken müssen (schuldrechtliche Vereinbarungen außerhalb der WEG sind sicherlich möglich oder ggf. eine aufschiebend bedingte Beschlussfassung).

Für uns Notare kommt es primär darauf an, in Gemeinschaftsordnungen bei der ersten Aufteilung die Bereiche von Sondernutzungsrechten klar abzustecken und festzulegen, ebenso die Voraussetzungen und Grenzen solcher Befugnisse.